DENTAID Presseraum

Aufklärungskampagne Perio&Cardio: Parodontitis-Verbindungen zu kardiovaskulären Erkrankungen

21 Sep 2022

Weil Herz und Mund sich nahestehen: Die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie (DG PARO) und DENTAID starteten zum Parodontologietag im Mai die Aufklärungskampagne Perio&Cardio. Wir haben mit Professorin Dr. Bettina Dannewitz und Professor Dr. Henrik Dommisch, Präsidentin und Präsident elect der DG PARO, über den Zusammenhang zwischen Parodontitis und Herz-Kreiskreislauf-Erkrankungen gesprochen. Sie adressieren wichtige Punkte für die zahnärztliche Behandlung dieser Risikopatienten.

 

Frau Professorin Dannewitz, warum steht das Thema Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Fokus?

 

Prof. Dannewitz: Das Thema ist uns so wichtig, weil Parodontitis und Herz-Kreislauf-Erkrankungen insbesondere in Industrieländern so prävalent sind: In Europa sind 45 Prozent der Todesfälle auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen, in Deutschland leiden etwa 10-12 Millionen Menschen an einer schweren Parodontitis. Beide Erkrankungen teilen viele Risikofaktoren und können sich gegenseitig beeinflussen.

 

Welche Risikofaktoren sind das?

 

Prof. Dannewitz: Zu nennen sind hier vor allem Lebensstilfaktoren wie eine ungesunde Ernährung, Bewegungsarmut, Übergewicht und Rauchen.

 

Herr Professor Dommisch, Sie sind Mitglied des Projekt-Komitees der European Federation of Periodontology (EFP). Bei welchen Patienten sollten die Kollegen und Kolleginnen genauer hinsehen?

 

Prof. Dommisch: Etwa 20 Millionen Menschen in Deutschland leiden allein an Hypertonie. Das bedeutet, mindestens jeder Vierte, der in die Praxis oder Klinik kommt, leidet an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Aber es gibt nicht den einen Herz-Kreislauf-Patienten: Wir werden mit einer großen Vielfalt an unterschiedlichen Erkrankungsformen konfrontiert, die WHO-Liste dieser Erkrankungen ist lang und beschreibt ein heterogenes Bild unterschiedlicher Symptome. Da die Patienten meist selbst gar nicht so genau über die genaue Natur ihrer kardiovaskulären Erkrankung Bescheid wissen, empfehle ich, initial immer den Hausarzt oder Kardiologen zu kontaktieren. Nur so können wir eine individuelle Aufklärung der Patientinnen und Patienten führen und gegebenenfalls helfen, Risiken zu minimieren.

 

Mit welchen Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist Parodontitis assoziiert?

 

Prof. Dommisch: Wir wissen, dass Parodontitis beispielsweise mit akuten kardiovaskulären Ereignissen wie Myokardinfarkten, sowie kardioembolischen und thrombotischen Schlaganfällen in Verbindung steht. Hinzu kommen zerebrovaskuläre Erkrankungen, periphere Arterienerkrankungen, Vorhofflimmern und Herzinsuffizienz. Dabei ist die Parodontitis sicher nicht die direkte Ursache, sondern vielmehr ein möglicherweise verstärkender Kofaktor, welcher die Grunderkrankung negativ beeinflussen kann.

 

Was wissen wir über die Zusammenhänge?

 

Prof. Dannewitz: Parodontitis verursacht eine Bakteriämie. Orale Bakterien gelangen in die Blutbahn und entfalten ihre systemische Wirkung, die bei vielen Allgemeinerkrankungen wie Diabetes, Rheuma, COPD oder Demenz eine Rolle zu spielen scheint. Zu den bekannten virulenten Parodontalpathogenen zählt Porphyromonas gingivalis. Es konnte bereits an unterschiedlichen Stellen im Körper z. B. in der Gelenkflüssigkeit, aber auch in den Gefäßwänden nachgewiesen werden. Im Vergleich zu gesunden Patienten finden sich erhöhte Spiegel von Zytokinen und Entzündungsmediatoren, erhöhte Fibrinogenspiegel (Thrombosefaktoren) sowie erhöhte Konzentrationen von Cholesterin, LDL, Triglyceriden usw., die mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Zusammenhang stehen.

 

Prof. Dommisch:

Anschaulich wird das an Gefäßen. Im Gefäßendothel wird die Bildung von Anticardiolipin-Antikörpern angeregt, die wiederum kardiale Gefäßheilungsprozesse negativ beeinflussen. Porphyromonas gingivalis kann ins Endothel eindringen und sich dort vermehren, wo es schließlich die pathologischen Prozesse der Atherosklerose weiter verstärken kann.

 

Hypertonie haben Sie bereits angesprochen. Wie beeinflusst Parodontitis den Blutdruck?

 

Prof. Dommisch: Bei einer schweren Parodontitis kann eine Abnahme der Gefäßelastizität beobachtet werden, was mit einer Erhöhung des Blutdrucks einhergeht. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass die Gefäßelastizität nach erfolgreicher Parodontitistherapie wieder zunehmen kann. Das bedeutet: Dem zahnärztlichen Team kommt bei solchen Erkrankungen unter Umständen eine wichtige Rolle zu!

 

Apropos Therapie: Gibt es Einschränkungen für die Paro-Therapie bei Herz-Kreislauf-Patienten?

 

Prof. Dannewitz: In der Regel nicht. Folgende Punkte sind aber wichtig: Zunächst muss ich klären, welche Vorerkrankungen überhaupt vorliegen und welche Medikamente genau eingenommen werden. Bei Antikoagulanzien sollte man dann insbesondere bei der chirurgischen Therapie die leitliniengerechten Maßnahmen ergreifen. Patienten mit einem systolischen Bluthochdruck von 180 mmHg sollte von elektiven Eingriffen in der zahnärztlichen Praxis Abstand genommen werden. Hier sollten wir Zahnärztinnen und Zahnärzte auch öfter mal zum Blutdruckmessgerät greifen, denn die Aufregung des Praxisbesuchs führt bei vielen Menschen zu Blutdruckspitzen.

 

Prof. Dommisch: Als Faustregel empfehlen wir im Konsensuspapier außerdem, die Behandlungszeit von 30 bis 45 Minuten nicht zu überschreiten und im Zweifel lieber quadrantenweise im Rahmen der Stufe 2 der Parodontitistherapie vorzugehen. Die Bakteriämie korreliert zudem mit Ausmaß der parodontalen Erkrankung und der Intensivität der Therapie. Führe ich eine Full-Mouth-Disinfection bei einer ausgedehnten parodontalen Destruktion durch, ist das Risiko natürlich höher.

 

Was liegt Ihnen bei dem Thema besonders am Herzen bzw. was möchten Sie Ihren Kollegen und Kolleginnen mit auf den Weg geben?

 

Prof. Dannewitz: Mir liegt das Thema der interdisziplinären Zusammenarbeit am Herzen, das in der Kampagne der EFP und DG PARO auch einen großen Stellenwert einnimmt. Wir haben Materialien für zahnärztliches, aber eben auch für medizinisches Personal und Apotheken zusammengestellt. Ich höre immer wieder, dass wir als Zahnärztinnen und Zahnärzte von den medizinischen Kolleginnen und Kollegen oft immer noch nicht richtig ernst genommen werden. Umso wichtiger ist es, auf die hausärztliche und kardiologische Seite zuzugehen und klarzumachen, dass wir seine Therapie zum Wohle der Patientinnen und Patienten unterstützen. Sie wiederum sollten Menschen mit kardiovaskulären Erkrankungen empfehlen, regelmäßig die zahnärztliche Vorsorge zu beanspruchen.

 

Prof. Dommisch: Das ist ein wichtiger Punkt. Ich möchte an dieser Stelle noch die Wichtigkeit der Patientenaufklärung und Prävention hervorheben. Das Gesagte gilt eben nicht nur für schwere Parodontalerkrankungen: Auch zahngesunde Patientinnen und Patienten mit einer Herz-Kreislauf-Erkrankung oder einer Gingivitis sind Risikopatienten, die über die Zusammenhänge informiert werden müssen. Hier können wir in Praxen und Kliniken aktiv zur Prävention und Reduktion beider Volkskrankheiten beitragen.

Über den Autor

[Info]: Unter www.dgparo.de/gesund-im-mund/herz-kreislauf/ können Praxen Aufklärungsmaterialien für ihr Team und ihre Patienten im Wartezimmer herunterladen.

Die europäische Konsensuspublikation „Periodontitis and cardiovascular diseases: Consensus report im Journal of Periodontology“ ist auf www.efp.org abrufbar.

Über die DG PARO

Die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie e. V. (DG PARO) entwickelte sich aus der Arbeitsgemeinschaft für Paradentosenforschung, welche 1924 gegründet wurde und ging 1970 in die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie e. V. (DGP) über. 2013 erfolgte die Umbenennung der Gesellschaft in DG PARO.

Die DG PARO nimmt wissenschaftliche und fachliche Aufgaben auf dem Gebiet der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, insbesondere der Parodontologie wahr. Für ihre über 5.000 Mitglieder sowie zahnärztliche Organisationen ist sie seit nahezu 100 Jahren beratend und unterstützend in parodontologischen Fragen tätig.

Zu den Aufgaben der DG PARO gehört u. a. die Förderung der Forschung auf dem Gebiet der Parodontologie sowie die Auswertung, Verbreitung und Vertretung der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Wesentliche Tätigkeitsschwerpunkte neben der Durchführung von wissenschaftlichen Tagungen, sind die Fort- und Weiterbildung auf dem Gebiet der Parodontologie sowie die Ausrichtung entsprechender Veranstaltungen. Zudem vergibt die Gesellschaft jährlich Forschungsförderung und Wissenschaftspreise.

Die DG PARO arbeitet, auch interdisziplinär, intensiv mit anderen wissenschaftlichen Gesellschaften, Arbeitsgemeinschaften und Institutionen des In- und Auslandes zusammen. Sie verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke.

 

Über DENTAID

DENTAID ist auf Mundgesundheit spezialisiert und gehört in dieser Kategorie zu den weltweit führenden Unternehmen. DENTAID erforscht und entwickelt Lösungen für die Mundgesundheit der nächsten Generation zur Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten, die durch oralen Biofilm verursacht werden. Das Unternehmen verfügt über das DENTAID Research Center, eine Referenz für die Mundgesundheitsforschung weltweit. 

Weiterführende Informationen unter: www.dentaid.de

 

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